Auf dem Jakobsweg von Condom nach Roncesvalles


eine Etappenbeschreibung

 

 

 

 

 


 

1.Tag

 

Der 18.8.99 von Kai: Anreise: von Marburg nach Condom

 

Der erste Tag begann wirklich sehr früh und die ersten Bedenken, ob wir denn wirklich pünktlich um 5:30 Uhr vom Hauptbahnhof loskämen, stellten sich als völlig unbegründet heraus. Als ich mit meinem Rucksack um die Ecke in die Schulstrasse einbog, sah ich schon Lutz, Andi und Ralf samt ihrem Gepäck dort stehen. Anscheinend sind alle ähnlich wie ich beim ersten Weckerbimmeln aus den Federn, um noch einen letzten Kaffee in den eigenen vier Wänden zu schlürfen und sich dann für 15 Tage auf den Weg zu machen.

 

Meine Spannung, was uns erwarten wird

Auf den Weg, dieses Jahr das letzte Stück des französischen Teils des Jakobsweges zu schaffen, um am Ende im spanischen Roncesvalles in den Pyrenäen anzukommen. Meine Spannung, was uns denn erwarten wird, wie die Gruppe sich versteht und was genau das faszinierende des Jakobsweges sein muß, das seither, und der ist immerhin schon sehr lange, Millionen von Menschen zum Pilgern veranlaßte; diese Spannung ist sehr groß. Ich denke, wir werden uns genau wie sie auf den Weg machen, aufbrechen, alles alte, gewohnte und zum Teil auch bequeme hinter uns lassen, uns drauf einlassen, jeder für sich suchen, ausprobieren und vielleicht auch Dinge entdecken und finden. Ich freue mich auf das Draufeinlassen und auf die Suche. Ganz nebenbei werden wir in der Gruppe bestimmt viel Spaß haben. Wie sagt man so schön? Es wird bestimmt interessant!

Abschiedszigaretten und Marburg verlassen

So, zurück zum ersten Tag. Nach ein paar Minuten stieß auch Peter zu uns und nicht viel später, nach ein paar Abschiedszigaretten düsten wir auf der B3 Condom in Südfrankreich entgegen. Das Wichtigste in diesem Moment war wohl, daß wir Marburg verließen, das gewohnte sehr eigene Marburger Wetter zunächst für 15 Tage vergessen konnten und uns vor allem endlich auf dem Weg befanden. Dieser Weg sollte sich zunächst am ersten Tag als relativ interessant gestalten.

 

1500 km Autofahrt mit heiß ersehnten Pausen

Wir hatten genau 1500 km vor uns. Wohl gemerkt: an einem Stück und mit zweistündigen Raucherpausen. Für sechs Raucher wohl eine erste Prüfung, die die Lunge allerdings begrüßte. Das gesundheitlich vernünftige Ergebnis wurde von uns dann allerdings durch 2-3 Zigaretten pro Pause wieder ausgeglichen. Die Gewohnheit nagte und doch sind 3 Zigaretten in 2 Stunden ein außerordentlich guter Schritt. Respekt.

Die Fahrt war für 18 Stunden überraschend harmonisch und lustig, was wohl auch an den heiß ersehnten Pausen, den Überredungsversuchen an Peter nach noch mehr Pausen und den ausgiebigen "Kaffeespritzer- Partys" auf der Sitzbank des Busses lag.

Kurz vorm Ziel, genauer gesagt bereits wieder im Dunkeln nach 1490 km ließ uns das Hinterrad aufhorchen und erschrecken. Kurzer Entschluß nach der Analyse: Ignorieren und weiter!

 

Camping a la ferme mit lautstarken Zikaden

Wir wollten nur noch schlafen, was dann auch sehr schnell funktionierte. Die erste Nacht unter nicht ganz sternklarem Himmel.

 

 

 



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er 19.8.99 von Peter: Condom – Montreal – Auzoue-Tal

 

Dieser Tagebuchbericht beginnt schon um 0:00 Uhr. Wir wurden dezent von einem Camper auf die Uhrzeit hingewiesen, als wir unsere Klamotten auf dem "camping a la ferme" auspackten. Isomatte und Schlafsäcke ausgebreitet und schnell eingeschlafen - bei lautstarker Musik der Zikaden. Um 7:00 Uhr erkundete dann Gerd die Umgebung, teilte einige Minuten später mit: Hier gibt es Klo und Dusche. So langsam regten und streckten sich die anderen. Schließlich gab es bald Kaffee mit Baguette und Croissant.


Erste Wanderetappe von Condom

Nach einer kurzen Besichtigung der Kathedrale Einkauf im Tabakgeschäft, machten wir uns guter Dinge auf den Weg: immer entlang den weiß-roten Markierungen zum 1. Treffpunkt in Larresingle. Kai wartete schon und hatte groß eingekauft. Kaffee, Wurst und Käse erfreute die Wanderer. Bald ging es weiter zwischen Maisfeldern und Weinbergen auf Trampelpfaden und auch Teerstraßen nach Montreal. Treffen auf dem Marktplatz; den notwendigen Geldwechsel; erste Postkarten geschrieben, Eis gekauft und Kirche besichtigt.

 

Auf alter Bahntrasse ins Auzoue-Tal

Aber die Wanderer wollten weiter ins Auzoue-Tal auf alter Bahntrasse zum Übernachtungsplatz. Ein Teil des Weges wanderten wir mit einem Franzosen, der am 10. Juli in Vezelay startete und Santiago erreichen will. Er suchte sich wie wir einen Schlafplatz auf einer Wiese am Wegesrand. Wegen der dunklen Wolken schlugen wir die Zelte auf, Spaghetti und rote Sauce sorgten für einen gefüllten Magen. Am Lagerfeuer wurden Geschichten des Tages erzählt und die morgige Etappe grob besprochen.

 

Die Gruppe spurtete, daß es mir schwer fiel mitzuhalten

Um 23:00Uhr lagen alle in ihren Schlafsäcken (und träumten?). Mir hat der Tag gut gefallen, die Gruppe spurtete auf dem Jakobsweg , das es mir schwer fiel mitzuhalten. Ich freue mich auf die weiteren Tage.

Wanderung in der Mittagshitze Südfrankreichs


D
er 20.8.99 von Ralph: Montreal – Eauze – Ste Christie

 

Als unsere Gruppe heute aufgestanden ist, hatte Gerd das Frühstück vorbereitet, da er der erste war, der wach war. Als die anderen auch wach waren, frühstückten wir und tranken Kaffee zum Wachwerden. Um 9:15 Uhr machten wir uns auf den Weg.

 

Mir gefiel eine Stelle, die aussah wie ein Tunnel

Erst ging es durch Weinberge und Maisfelder, es gab auch ein paar Stellen die ziemlich matschig waren. Mir gefiel eine Stelle, die aussah wie ein Tunnel, da die Bäume und die Pflanzen in so einer Form gewachsen waren. In Eauze tranken wir Kaffee in einem "Restaurante", und ich spielte an einem Automat Karten, doch leider erreichte ich nur wenig Punkte. Danach gingen wir weiter zum Mittagstreffpunkt, wo Kai schon auf uns wartete und auch schon die Reste von den Spaghetti von gestern gekocht hatte.

Danach ging es weiter in Richtung Manciet. Peter und ich dachten, daß wir die letzten sind, die ankommen. Da aber die anderen einen anderen Weg genommen hatten, waren wir die ersten, die am Ziel waren. Kai hatte schon einen Schlafplatz für uns gefunden, an dem Lutz und Gerd das Essen kochten.



Der 21.8.99 von Lutz: Ste Christie - Nogaro – Air-sur-l‘Adour

 

Heute Morgen hatten Gerd und ich zum Auftakt dieses neuen Tages erst einmal ein nasses Erlebnis.

 

Nasse Zelte


Auf Anraten von Kai hatten wir gutgläubig und naiv, wie wir nun mal sind, die Überzelte nicht aufgebaut, weil das ja dann nicht so warm ist und weniger Arbeit ist’s ja auch - bei weniger Arbeit machte es wahrscheinlich Klick im Hirn- und der Antrag war angenommen (= 1.Knaller des Tages). Aber anscheinend ging es nicht nur Gerd und mir so. Naja, die Sachen wurden während des Frühstücks getrocknet und los ging´s.

 

 

 

Galopper des Jahres

 

Nach einigen geteerten Straßen und offenen Feldwegen kamen ein paar sehr schöne Streckenabschnitte, mit üppiger Vegetation. Nachdem wir durch Nogaro gelaufen waren und die ca. 5-6 km bis zum Mittagstreffpunkt zurückgelegt hatten, mußten wir feststellen, daß unsere zwei "Galopper des Jahres" mit Scheuklappen daran vorbeigelaufen waren (= 2.Knaller des Tages). Auf Namen und besondere Kennzeichen möchte ich aus humanen Gründen verzichten.

 

 

 

 

 


Umweg und Schmerzen

 

Kaum waren wir wieder aufgebrochen, trafen wir sie dann auf dem Rückweg. Danach fing eine sehr schöne, aber auch anstrengende Etappe an. Was interessant war, waren die eigentümlichen Fachwerkhäuser, deren Balken nur senkrecht angeordnet waren. Zu guter letzt, ca. 2 km vor unserem Ziel, waren nur noch spärliche bis keine Wegzeichen mehr auszumachen, so daß wir einen sehr mühsamen Umweg laufen mußten. Nach langem Irrlauf und viel zu viel Schmerzen in den Knochen sahen wir dann Peter und Gerd auf einer Anhöhe.

Gott sei Dank (= 3.Knaller des Tages).

Frisch geduscht und satt

 

Aber nach 3. knalligen Erlebnissen sitzen wir nun auf einem Campingplatz, sind frisch geduscht und satt. Gute Nacht.



D
er 22.8.99 von Rudolf:

Air-sur-l’Adour - Arzacq

 

 

Nach dem wir die Nacht vor Air-sur-l‘Adour übernachteten, war morgens um 8:00 Uhr wecken. Nach dem wir gefrühstückt und uns gewaschen haben, ging es weiter in das Städtchen Aire-sur-Adour zu einer kurzen Besichtigung. Anschließend ging es weiter auf dem Jakobsweg durch Maisfelder und einzelne Dörfer. Heute schien mir der heißeste Tag zu sein, denn wir sind den 4. Tag unterwegs. Der Schweiß lief mir schon überall herunter und die Waden schmerzten. Als wir den Peter mit dem Auto sahen, waren wir froh, daß es eine kleine Stärkung gab. Danach ging es weiter. Unterwegs trafen wir noch andere Wanderer auf dem Weg, und die Sonne brannte von oben herab und nirgendwo war Schatten.

 

Weiter Blick auf die Pyrenäen

Auf einer Anhöhe hatten wir einen weiten

Blick auf die vorderen Pyrenäen. Ach so, das hatte ich ja ganz vergessen: heute hatten wir den ersten Ausfall in der Gruppe gehabt. Bis jetzt ist die Stimmung noch ganz gut, aber wann kommt bei einigen aus der Gruppe oder bei mir der Tiefpunkt?

 

 

Naja, wir werden es ja sehen wie es weiter geht. Zu unserem Unglück ging das Auto kaputt. Nach dem wir am Zielpunkt für heute angekommen sind, in der Stadt namens Arzacq und eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden haben, will ich nun den Tag für heute abschließen, da wir noch ungefähr 140 km vor uns haben.


6.Tag
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er 23.8.99 von Andi: Ruhetag in Arzacq

Auto kaputt – Ruhepause am See

Heute haben wir Montag und wir sind in irgendeinem Kaff in Südfrankreich. Heute hat der Peter uns endlich mal eine Ruhepause gegönnt, so daß wir den ganzen langen Tag am See liegen und Schwimmen konnten. Gerade erfahre ich, daß das Auto erst Morgen fertig ist, da die Werkstatt ein falsches Ersatzteil geliefert bekommen hat - was ein Pech. Ich weiß zwar nicht, was die anderen nachher noch vorhaben, aber ich gehe auf jeden Fall noch eine runde Schwimmen. Das Gewitter, das gestern über uns lag, ist zum Glück wieder verflogen.

 

Sehr schöne Gegend, zum Wandern mittags zu heiß

Übrigens spiele ich seid 2-3 Tagen mit jemanden Backgammon. Um meinem Gegner jede Unannehmlichkeit zu ersparen bitte ich um Verständnis, daß hier sein Name nicht erwähnt wird. Die Gegend hier ist übrigens sehr schön, nur zum Wandern ist es mittags etwas zu heiß wie ich finde.

 

 

Bei der Hitze war jede Erfrischungsmöglichkeit ersehnt und manchmal gefunden

 

 


Der 24.8.99 von Peter:

Arzacq – Larreule – Geus-d’Arzacq – Chapelle de Caubin

 

 

Zwei Probleme

Gestern abend gab es 2 Probleme, die auch heute noch für Gesprächsstoff sorgten: Entgegen unserer Absprache, daß während der Wanderung kein Alkohol getrunken wird, haben einige Gruppenmitglieder dies doch getan. Sie wurden auch noch vom Gruppenbetreuer in der Bar angetroffen. Das andere Problem ist, daß 300 FF aus der Gruppenkasse und 50 DM einem TN fehlten. Trotz Nachfragen konnte es nicht gelöst werden.

Die Folge ist, daß die Gruppe 300 FF weniger zur Verfügung hat und wegen des Alkoholkonsums werden nur noch Übernachtungsplätze außerhalb von Ortschaften angesteuert.

 

Belastung "ablaufen"

Diese Ereignisse sind eine Belastung für die Gruppe. Wir haben an diesem Tag begonnen, diese Belastung "abzulaufen". Wir liefen in sengender Hitze aus Arzacq hinaus, über Louvigny nach Larreule (ca.10km) zur Mittagspause. Ralph und Andi gingen etwas müde und verliefen sich. Ralph überredete einen Bauern des Ortes, in dem sie landeten, Peter auf dessen Handy anzurufen. Schließlich trafen wir uns an einer kleinen Kirche zum Picknick. Die Nachmittagsetappe verlief wieder einmal durch Maisfelder und meist auf Teerwegen bei 30° Celsius nach Geus-d‘Arzacq. Auf einmal war eine neue Idee entstanden: eine Nachtwanderung gleich an diesem Abend.

 

Nachtwanderung

Wir warteten bis Eintritt der Dunkelheit, um zur Chapelle de Caubin (bei Arthez-de-Bearn) zu laufen: ca. 10km. Schwierig wurde es, die Wegzeichen zu finden, auch mit Taschenlampe. Zwei Gruppenmitglieder verliefen sich, folgten zwar der weiß-roten Markierung, aber leider in die falsche Richtung. Während der Großteil der Gruppe um Mitternacht den Übernachtungsplatz erreichte, kam Gerd völlig erschöpft mitten in der Nacht an. Ralph trafen wir erst am nächsten Mittag, da er den Treffpunkt schon überlaufen hatte. Ein sehr ereignisreicher Tag.



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