Auf dem Jakobsweg von Cahors nach Condom

Etappenwanderungen mit Probanden der Bewährungshilfe


Im 4. Jahr machte sich eine Gruppe der Bewährungshilfe Marburg auf den Weg die Etappenwanderung auf dem Jakobsweg fortzusetzen. 1995 startete die 1.Gruppe in Le Puy in Frankreich - einem historischen Sammelpunkt für die Pilger im Mittelalter auf ihrem Weg nach Santiago de Compostella. In diesem Jahr setzte die Gruppe die Wanderung in Cahors fort. 6 TeilnehmerInnen der Vorjahres bildeten den Kern der diesjährigen Etappenwanderung. Es kamen 3 weitere Teilnehmer hinzu, so daß 9 Personen 1998 aufbrachen, um sich auf den Jakobsweg in Frankreich zu begeben. 150 km wurden zu Fuß zurückgelegt bis das Etappenziel Condom erreicht wurde.

Jakobsweg nach Santiago de Compostella

Wir wanderten auf dem markierten Wanderweg GR 65 - eine Variante des Jakobsweges. Eigentlich beginnt der jeweilige Weg zu Hause und führt durch Frankreich nach Nordspanien zum Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostella. Unsre Etappe befindet sich im Ausläufer des Zentralmassivs und im Vorland der Pyrenäen. Wir überquerten die Flüsse Lot (bei Cahors) und Garonne (in der Nähe von Moissac). Der erreichte Etappenort Condom liegt ca. 150 km von der spanischen Grenze in den Pyrenäen entfernt.


Zwischen Sonnenblumenfeldern wanderte die Gruppe durch das Garonne-Tal

Früher wurde der Jakobsweg als Pilgerweg genutzt. Hunderttausende machten sich auf den Weg zum Grab des Jakobus, um den Heiligen zu verehren, etwas für das eigene Seelenheil zu tun, eine Buße abzuleisten, in der Hoffnung auf ein Wunder oder in Erfüllung eines Gelübdes. Heute sind wieder viele unterwegs auf dem alten Pilgerweg. Sie haben dabei ähnliche Motive, aber auch wie damals schon ist das Aufbrechen aus der gewohnten Umgebung, aus dem Alltag, die Neugier fremde Länder und Menschen kennenzulernen und die Sehnsucht nach Abenteuer und Improvisation Antriebskraft für diesen langen Weg.
 

Abenteuer und Improvisation

Gerade diese Impulse werden durch die Aktivität der Bewährungshilfe aufgegriffen. Die eigenen Kräfte sollen für die Bewältigung des Lebensalltag gestärkt werden.

Die Gruppe versuchte mit einfachen Mitteln auszukommen. So wurde meistens im Freien oder im Zelt übernachtet. Die Übernachtungsstellen fanden wir an Flußufern und einsamen Weiden. Zweimal suchten wir auch Campingplätze auf.

Die Tagesetappen wurden in der Gruppe abgesprochen - dabei gab es Möglichkeiten der Improvisation.
Auf freiem Feld wurde das Essen in der Gruppe gemeinsam bereitet.
 
 

Tagebuchbericht dokumentiert den Verlauf

Zum Standard unseres Unternehmens gehört die Abfassung eines Tagebuches, das abwechselnd von jedem Teilnehmer geschrieben wird. Es diente zur Reflexion des Tagesgeschehens, denn jeden Abend wird es vom jeweiligen Autor verlesen, und im Nachhinein ist es eine schöne Erinnerung an die gemeinsame Aktivität. Schließlich handelt es sich um eine Veranstaltung der Bewährungshilfe: das gemeinsame Gruppengeschehen dient der Selbsterfahrung und der positiven Bestärkung Ziele zu erreichen und Alltagsprobleme zu lösen.
 
 

Alltagsgestaltung und Gruppendynamik

Für alle TeilnehmerInnen war es eine besondere Herausforderung täglich 20 - 25 km zu Fuß zurückzulegen und dann auch noch für die Verpflegung zu sorgen und das Nachtquartier aufzuschlagen. Dies bedurfte der gemeinsamen Anstrengung und gezielter Absprachen. Auch wenn es manchmal Reibungen und Konflikte gab, so klappte die Gruppenabsprache in der Hauptsache gut. Alle beteiligten sich an der Bewältigung der alltäglichen Anforderungen, wie Essen kochen, abwaschen und einkaufen.



Die Gruppe beim Erreichen des Etappenziels in Moissac



 
 

Kosten wurden gemeinsam getragen

Die Kosten für Verpflegung und Unterkünfte (Campingplatz) wurden aus einer Gruppenkasse bestritten, in die jede TeilnehmerIn ausnahmslos 120,- DM einzahlte. Die Kasse wurde von einer Teilnehmerin verwaltet. Das Gruppengeld reichte auch noch für ein Abschlußessen in einem Restaurant. Die Fahrtkosten wurden vom hessischen Justizministerium getragen.
 
 

Ausgiebige Vorbereitung

Zur Vorbereitung gehörte insbesondere das Kennenlernen der Gruppenmitglieder untereinander, die Abklärung von Anforderungen und Gruppenregeln. Durch die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung von Flohmarktständen lernten sich die Gruppenmitglieder besser kennen.


Zur europäischen Integration beitragen

Der Jakobsweg durch Frankreich ist sehr reizvoll. Er verläuft abseits der Massentouristenströme und ist stark historisch geprägt durch die vielen hunderttausend Menschen, die ihn in der Vergangenheit gegangen sind. Klimatisch bietet dieser Teil Europas die Möglichkeit, den Erlebnischarakter einer Wanderung besonders zu betonen. Das Übernachten im Freien ist leicht möglich, so daß auch nur geringe Kosten entstehen.

Der Jaboksweg ist Teil der vom Europarat 1988 benannten "Ersten Europäischen Kulturstraße". Historisch hat er viel zur europäischen Identätit und Integration beigetragen. Die Pilgerströme der früheren Jahrhunderte sorgten für das Zusammenschmelzen der Völker und einen Austausch ihrer Kulturen. Heute eröffnet er die Möglichkeit der gemeinsamen kulturellen Identität der Europäer. In unserer Zeit, wo die Politik das gemeinsame Europa postuliert, ist es umso dringender, daß auch die Menschen sich näherkommen und von den jeweils anderen Kulturen lernen.
 
 

Santiago vor Augen

Nach 4 Jahren auf dem Jakobsweg liegt Santiago de Compostella näher. Bei der nächsten Etappenwanderung im Jahr 1999 sollen die Pyrenäen und Roncesvalles in Spanien erreicht werden. Das wird ein wichtiger Schritt sein, um dann auf dem spanischen Weg sich Santiago zu nähern.

Zurück zu Neue Wege