100 Türen? |
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Bewährungshilfe: Offene und geschlossene Türen
Im Rahmen des Gruppenprojektes der Bewährungshilfe Marburg erstellten die Mitglieder von 2 Gruppen jeweils eine Tür, die sie künstlerisch frei gestalteten und dabei ihre Empfindungen und Assoziationen zum Eingeschlossensein ausdrückten. Diese Kunstaktivität fand im Rahmen einer Ausstellung der Praxis GmbH / Agent 21 unter Schirmherrschaft des Bürgermeisters von Marburg im Juni 2000 statt. Es wurden von den Veranstaltern Gruppen aufgefordert alte Türen, die die Praxis GmbH aus Abrisshäusern gesammelt hat, künstlerisch zu gestalten. Die Ausstellung wird seit April 2001 in der Mensa der Philipps- Universität fortgesetzt.
Strafarrest – Eingeschlossen
Die Gruppe, die sich den Namen gab: "Bewährungshilfe – offene und geschlossene Türen", diskutierte die Erfahrungen des selbst erfahrenen Jugendarrestes. Auslöser war der bevorstehende Arrest eines Gruppenmitglieds. Die anderen Probanden schilderten ihre Erfahrungen, und versuchten damit die Angst für den bevorstehenden Arrest zu nehmen. Die Probanden suchten aus ihren eigenen Unterlagen Dokumente heraus, mit denen sie zum Arrest geladen wurden bzw., die sie nach der Entlassung ausgestellt bekommen haben. Zur Erklärung der Tür wurde gemeinschaftlich folgender Text verfaßt:
"Mit den Dokumenten wird ausgedrückt, was vor einem liegt:
Mit welchen Mitinhaftierten wird man zusammen sein?
Wie verhalten sie sich zu mir?
Was tue ich in der Zeit im Arrest?
Wie sind die Aufseher zu einem?
Kein Kontakt mit Freunden!
Psychischer Streß!
Was geschieht danach?
Diese Arbeit dokumentiert die Gedanken von Menschen, die den Jugendarrest erlebten bzw. der ihnen bevorsteht.
Erstellt von den Mitgliedern einer Gesprächsgruppe der Bewährungshilfe Marburg. (Juni, 2000)"
Bedeutung einer Tür für den Inhaftierten!
Diese Gruppe machte sich Gedanken über die eigenen Erfahrungen des Eingeschlossen seins und der Tür, die einen hindert den Raum zu verlassen. Mitglieder der Gruppe hatten schon Erfahrungen von mehrjährige Haftstrafen. Die Gruppe hatte zu erst einen Entwurf erstellt, der dann in einer ausführlichen Besprechung modifiziert wurde. In mehreren Terminen wurde die Tür beidseitig bemalt. Zur Erklärung ihres Kunstwerkes wurde folgender Text festgehalten:
"Die Leute von Draußen sollen einen Einblick von Drinnen bekommen,
was Menschen die Drinnen sind, denken.
Wenn sich die Tür öffnet – bin ich dann frei?
Die Tür dokumentiert das Wunschdenken im Knast.
Selbst wenn eine Tür geöffnet wird, steht man vor der nächsten Tür.
Immer begleitet und bewacht.
Erstellt von Albert R., Wolfgang W., Maik G. und Andreas K. (Juni 2000)"
Die Probanden standen Rede und Antwort
An der Kunstaktion beteiligten sich über 100 Künstler und Gruppen weit über Marburg hinaus. Am 16.06.00 wurde die Ausstellung mit einem Festival eröffnet. Auch die Probanden erschienen und stellten sich zu ihren Kunstwerken, um Rede und Antwort zu stehen. Dabei erfuhren sie Anerkennung – die sie so selten erfahren – und konnten Stolz auf ihr Werk sein. Weitere Ausstellungen sind vorgesehen. Ansonsten sind die Türen im Treppenhaus der Bewährungshilfe Marburg zu besichtigen.
Vielen Dank für die Unterstützung an die Leiter der Ausstellung Thomas Gebauer, Ulla Kerkhoff und Donatus Kiefer-Forneck.